High five

Ein glückliches Geschick hat mich kürzlich die Bekanntschaft von Long Ping machen lassen, mit der mich nicht nur viele Interessen verbinden – Kung Fu, Qigong, Meditation – sondern auch ähnliche Konzepte der Körperarbeit. Wir nutzen beide die Bildmächtigkeit der chinesischen Tierstile, um Strukturen und Dynamik körperlicher, emotionaler und seelischer Verfasstheit zu beschreiben, zu entdecken und zu entwickeln.

Ich freue mich sehr, das ich die Grundzüge des Fünf Prinzipien Kung Fu hier vorstellen darf, und möchte dich liebe Leserin, lieber Leser, einladen, mit mir anhand der Ähnlichkeiten und der Unterschiede beider Konzepte mehr über das zu entdecken, was wir im Westen nur Körper und Seele nennen können, auch wenn wir schon länger, und immer sicherer wissen, dass beide in Wirklichkeit nicht getrennt sind.

Wu Li Quanfa, Fünf Prinzipien Kung Fu, basiert auf den Techniken von fünf Tieren, die in dieser Zusammenstellung auch im Shaolin- und dem Hung Gar Kung Fu bekannt sind: Kranich, Tiger, Drache, Panther und Schlange. Die Tiere repräsentieren zunächst Familien von Techniken, die durch ihre Strukturmerkmale zusammengehören. Techniken des Kranichs sind lang und weit, gerade Kicks etwa. Der Tiger ist rund und kraftvoll, wozu Drehkicks und Hüftwürfe gehören. Der Drache ist ruhig, souverän und zentriert und arbeitet primär mit Fauststößen, wohingegen die Techniken des Panther schnell und kurz sind wie Ellenbogenstöße. Die Schlange schließlich ist sanft und nachgiebig, verfügt aber über ein Arsenal schmerzhafter Hebeltechniken.

Die isoliert betrachteten Techniken bilden eine erste physische Ebene, während mit den verbindenden Strukturprinzipien eine zweite, energetische Ebene gegeben ist, die durch die fünf Elemente der taoistischen Kosmologie repräsentiert wird: Holz, Feuer, Erde, Metall und Wasser. Auch hier findest du eine Parallele zum System der vier Tiere bzw. Elemente die instruktiv in Ähnlichkeit wie Differenz ist. Die fünf taoistischen Elemente stehen zueinander in zyklischen Beziehungen, wobei für die didaktische Arbeit, d.h. die Gestaltung des Trainings, der „Zyklus der Erzeugung“ (Holz erzeugt Feuer, Feuer erzeugt Erde …) fruchtbar gemacht wird. Für die Anwendung des Kung Fu liefert der „Zyklus der Zerstörung“ (Wasser zerstört Feuer, Feuer zerstört Metall …) Inspiration und Einstiegspunkte in die Erforschung des Kämpfens.

Die dritte Ebene, auf der sich die fünf Prinzipien in ihrer mentalen oder sogar spirituellen Dimension entfalten, spielt im Alltag des Trainings eine untergeordnete Rolle, und ist darum auch weitaus weniger elaboriert als im System der vier Tiere, das mit dem Affektkontrolltraining hier viel weiter ausgreift. Nichtsdestotrotz ist diese Ebene natürlich für die Bewältigung realer Konflikte von entscheidender Bedeutung. Die fünf Prinzipien begegnen uns nun wieder als die psychischen Kräfte Neugier, Mut, Ruhe, Disziplin und Mitgefühl.

weitere Infos zum Fünf Prinzipien Kung Fu
http://wuliquanfa.net