Affektlogik, fraktale Affektlogik


Hans Meurer, A.K.T®  Trainer

Definitionen:
Ein Affekt ist eine von inneren oder äußeren Reizen ausgelöste, ganzheitliche psycho- physische Gestimmtheit von unterschiedlicher Qualität, Dauer und Bewusstseinsnähe.
Unter Kognition ist das Erfassen und die weitere neuronale Verarbeitung von sensorischen Unterschieden und Gemeinsamkeiten beziehungsweise von Varianzen und Invarianzen zu verstehen.
Als Logik bezeichnen wir die Art und Weise wie kognitive Inhalte miteinander verknüpft werden (kausal, räumlich, zeitlich).

Grundgefühle
Neurobiologisch, evolutionär und emotionspsychologisch am besten gesichert:
Interesse, Angst, Wut, Trauer, Freude
Affektlogik ist also die Zusammenführung von Logik mit den Grundgefühlen.
Sie binden Motivation, Willen und Triebe zusammen und wirken als Operatoren.
Das heißt: Sie beeinflussen die kognitiven Funktionen und wirken als:

  • Energielieferanten bzw. Motivatoren kognitiver Dynamik
  • Bestimmen andauernd den Fokus der Aufmerksamkeit
  • Steuern je nach Stimmung den Zugang zu verschiedenen Gedächtnisspeichern
  • Schaffen Kontinuität zwischen kognitiven Elementen (Bindemittel)
  • Bestimmen die Hierarchie unserer Denkinhalte
  • Reduzieren die Komplexität des Alltags durch emotionale Bewertung

Affekte beeinflussen nicht nur kognitive sondern auch körperliche Funktionen. Z.B.:
Interesse (Hunger)  – Wahrnehmung der Umwelt – Hin zu
Angst  – Warnung vor Gefahr – Weg von
Wut  – Verteidigung, Sicherung der Identität – Aggression
Freude/Liebe – Beziehungen schaffen – Hin zu
Trauer – Beziehungen lösen – Weg von

Alltagslogik – Alle halb- oder ganz automatisierten Routinen – Stand by.

Zusammenfassung

Affekte, Denken und Verhalten beeinflussen sich gegenseitig – Affektlogik beschreibt also Fühl-Denk-und Verhaltensprogramme.Das psychische Geschehen wird dabei durch die Generierung immer neuer Fühl-Denk und Verhaltensprogramme auf der Grundlage der fünf Grundgefühle und deren Anpassung an die jeweilige Situation bestimmt. Das erklärt warum körperliches Training die Psyche beeinflussen kann.

Fraktale Affektlogik – ein chaostheoretischer Zugang zur Psyche2
Die Affektlogik beschreibt den linearen Ablauf psychischer Prozesse, die fraktale Affektlogik die Dynamik (Stimmungsumschwung, Affektdurchbruch, Störung) der Psyche mit Hilfe der Chaostheorie. Einer Theorie, die sich mit Turbulenzen und Sprüngen in sich selbst organisierenden dynamischen Systemen beschäftigt. Sie beschreibt diese sprunghaften Veränderungen mit folgenden Begriffen:

1. Schmetterlingseffekt -, Bei Instabilität können kleine Änderung große Wirkungen entfalten
2. Bifurkation -, Der Punkt an dem ein System durch Energiezufuhr ins chaotische umschlägt
3. Fraktal -, Selbstähnlichkeit von Abläufen und Formen
4. Seltsamer Attraktor -, Ein Attraktor (z.B. Schwerkraft) wirkt auf ein System.

Dadurch erreicht das System einen Endzustand. Der kann punktförmig (fallender Stein), periodisch (Planetensystem) oder, im Falle eines seltsamen Attraktors, eine nicht periodische endlose Bewegung mit Freiheitsgraden sein

Nehmen wir an die Psyche sei ein solches sich selbst organisierendes dynamisches System, dann wirken die Affekte als Attraktoren und führen durch Energieabfuhr zu einer Spannungslösung

  1. Schmetterlingseffekt – in Zeiten der Krise (Instabilität des Systems heißt aus der Balance sein und ist energieaufwendig) ist die Psyche sensibel für Einflüsse von außen – kleine Ursachen können große Wirkung haben, sowohl positiv als auch negativ
  2. Bifurkation – Alle Affekte (Denk-Fühl-Verhaltensprogramme) sind Reiz-Reaktions-Schemata. D.h., je stärker der auslösende Reiz, um so heftiger der Affekt, um so mehr Energie ist im System. Kann die Energie nicht mehr kontrolliert abgeführt werden, kommt es zur Bifurkation. Das System schlägt ins Chaotische um.
    Möglichkeiten: Aus Angst wird Panik (unkontrollierte Flucht) oder sie schlägt in Wut um und entlädt sich in Aggression – lustvolle Entspannung.
  3. Fraktal – die Affekte sind selbstähnlich strukturiert. alle funktionieren hierarchischalle funktionieren als Operatoren auf die Logik. Alle funktionieren auf der zeitlichen Ebene kurz oder über lange Zeiträume. Alle wirken im sozialen Feld (Familie, Gesellschaft) und sind dort auch beobachtbar
  4. Seltsamer Attraktor – Die Affektlogiken (Angstlogik, Wutlogik, Trauerlogik, Freudenlogik, Interessenlogik, Alltagslogik) ziehen Wahrnehmung und Denken in ihren jeweiligen Bann.
    Dabei bestimmt die Stärke des auslösenden Reizes das Energieniveau und damit den Freiheitsgrad des Systems. Dieser Vorgang erlaubt die situationsgerechte Anpassung.

    Affekte sind für die Spannung zuständig – Ideen für die Ordnung.

1Luc Ciompi, Affektlogik, Klett-Cotta 1982

2Luc Ciompi, Die emotionalen Grundlagen des Denkens, Vandenhoeck & Ruprecht 1999